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Dieses Kapitel vermittelt Ihnen einen kurzen Überblick der üblichen Bestands- und Lagerhaltungsstrategien.
Bestandsarten
1. Lagerbestand
Befindet sich körperlich im Lager. Die Höhe des Bestands hängt von den jeweiligen Zu- bzw. Abgängen ab.
2. Sicherheitsbestand
Auch "eiserner Bestand", "Reserve" oder "Puffer".
Der Sicherheitsbestand wird normalerweise nicht zur Fertigung bzw. zum Verkauf herangezogen. Die Größe richtet sich nach dem Durchschnittsverbrauch innerhalb des Zeitraums für eine reibungslose Wiederbeschaffung, wie
Zeitraum der Wiederbeschaffung
- Beschaffungsvorbereitung
- Lieferzeit
- Transportzeit
- Materialentnahme
- Qualitätskontrolle
- Risikozuschlag
Zeitraum für Eigenerstellung
- Arbeitsvorbereitung
- Auftragsdurchführung
- Fertigmeldung
- Qualitätskontrolle
- Risikozuschlag
Der Sicherheitsbestand wird mit groben Näherungsrechnungen ermittelt. Er kann wie folgt berechnet werden:
BS1= Durchschnittsverbrauch je Periode x Beschaffungsdauer
BS2= Errechneter Verbrauch in der Zeit der Beschaffung + Zuschlag für Verbrauchs- und Beschaffungsschwankungen
BS3= Mengenmäßiger Umsatz pro Monat x Reichweite für Mindestbestand
Hinweis: |
Innerhalb der ERP-Warenwirtschaft wird für die Ermittlung des Sicherheitsbestands die Berechnungsmethode BS1 verwendet. |
3. Meldebestand
Der Meldebestand ist der Bestellzeitpunkt. Bei Unterschreitung des Meldebestands wird eine Bestellung ausgelöst. Man unterscheidet:
a) fester Meldebestand (immer gleich)
b) variabler Meldebestand (passt sich dem Bedarf der letzten oder zukünftigen Periode an)
Für die Berechnung des variablen Meldebestands können folgende Formeln angewendet werden. Dabei gilt, dass BS (der Sicherheitsbestand) im Verlaufe der Beschaffungsdauer nicht gebraucht werden soll.
BM1 = Verbrauch je Periode x Lieferzeit + Sicherheitsbestand
BM2 = 2 x Sicherheitsbestand
BM3 = Mindestbestellmenge + BS (Sicherheitsbestand)
Hinweis: |
Innerhalb der ERP-Warenwirtschaft wird für die Ermittlung des Meldebestands die Berechnungsmethode BM2 verwendet, wobei der Faktor (2) variabel bestimmbar ist. |
4. Höchstbestand
Der Höchstbestand ist der maximale Lagerbestand, der vor Ort sein darf. Er dient zur Vermeidung eines überhöhten Lagervorrats und damit zu hoher Kapitalbindung.
Arten der Bestandsstrategien
Eine Lagerhaltungspolitik (Lagerhaltungsstrategie) wird spezifiziert durch eine Menge von Entscheidungsregeln, die Angaben darüber enthalten, nach welchen Gesichtspunkten Lagerzugangsmengen für zukünftige Zeitpunkte eingeplant werden sollen.
Zwei für die Höhe der gesamten Lagerkosten entscheidende Fragen werden durch eine Lagerhaltungspolitik beantwortet und zwar, wann eine Wiederbeschaffungsmaßnahme eingeleitet werden soll und wie viel jeweils bestellt werden soll.
Wann soll bestellt werden?
t= man bestimmt einen festen Zeitintervall der Länge t und löst alle t Zeiteinheiten eine Bestellung aus
s= man vergleicht nach jeder Bewegung des Lagerbestands den aktuellen Lagerbestand b mit einem vorgegebenen Meldebestand (Bestellpunkt) s und löst eine Lagerbestellung aus, sobald der aktuelle Lagerbestand den Bestellpunkt erreicht bzw. unterschritten hat.
Wie viel soll bestellt werden?
q= man legt eine konstante Bestellmenge q fest und bestellt bei jeder Bestellung genau diese Menge q.
S= man legt einen Maximalbestand (Höchstbestand) S fest und bestellt bei jeder Bestellung eine Menge (S-b), die ausreichen würde, um den Lagerbestand b bei sofortiger Lieferung der Produkte auf das Niveau S anzuheben.
Eine Lagerhaltungspolitik kann dadurch charakterisiert werden, in welcher Weise die beiden Fragen nach dem "Wann" und dem "Wie viel" beantwortet werden.
Entsprechend kann man folgende Lagerhaltungspolitiken unterscheiden:
(s,q)-Politik:
konstante Bestellmenge und variabler Bestellzyklus
(t,s)-Politik:
variable Bestellmenge und konstanter Bestellzyklus
(s,S)-Politik:
variable Bestellmenge und variabler Bestellzyklus
Die (s,q)-Politik mit kontinuierlicher Lagerüberwachung
Die (s,q)-Lagerhaltungspolitik wird durch folgende Entscheidungsregel charakterisiert:
Immer dann, wenn der (dispositive) Lagerbestand auf die Höhe des Bestellpunkts s gesunken ist, wird eine Bestellung der Höhe q ausgelöst. Der dispositive Bestand ist die Summe aus physischem Bestand und Bestellbestand abzüglich der Menge, die wegen mangelnder Lieferfähigkeit nicht ausgeliefert werden konnte. Die Bestellung kann sowohl an einen Fremdlieferanten, wie auch an die eigene Produktion gerichtet sein.
Die (t,s)-Politik
Wird eine (t,s)-Politik verfolgt, wird nach folgenden Entscheidungsregeln vorgegangen:
In Abständen von t Perioden wird eine Lagerbestellung in der Höhe ausgelöst, die den Lagerbestand auf das Niveau S anheben würde, d.h. die Bestellmenge im Zeitpunkt t beträgt qt= ( S-bt), wobei bt den dispositiv verfügbaren Lagerbestand bezeichnet.
Die (s,S)-Politik
Nach jeder Entnahme findet eine Überwachung des Lagerbestands statt. Sobald der Bestellpunkt s erreicht oder unterschritten ist, erfolgt eine Auffüllung auf den Sollbestand.
Bestellverfahren
Verbrauchsgesteuert/stochastisch
Bestellrhythmusverfahren
Beim Bestellrhythmusverfahren wird in festen Zeitabständen der Lagerbestand bis zum Sollbestand wieder aufgefüllt.
Wird bei A Produkten, also Schnellläufern genutzt.
Bestellpunktverfahren
Beim Bestellpunktverfahren wird nicht in festen Zeitabständen bestellt, sondern erst dann, wenn der Lagerbestand einen bestimmten Mindestwert (Meldebestand), erreicht bzw. unterschritten hat, d.h. der Bestellpunkt ist die Menge des verfügbaren Lagerbestands, bei der eine Bestellung ausgelöst wird.
Plangesteuert (auftragsgesteuert)/deterministisch
Von Plansteuerung spricht man, wenn sowohl terminlich als auch mengenmäßig nach exaktem Bedarf disponiert wird. Die Ware bzw. das Material wird also nur in der Menge und/oder zu dem Termin bestellt, die einem vorliegenden Auftrag entsprechen.